Herr Dr. Kirsch, warum fördert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe Integrationsunternehmen?
Weil wir den Menschen mit Behinderung auf diese Weise sehr gut die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen können. Das ist mir kürzlich wieder einmal sehr deutlich geworden. Ich habe bei einem Besuch in einem dieser Betriebe mit einem Mitarbeiter gesprochen. Er erzählte von seinem Handicap und sagte mir, dass er sich, seit er in dem Integrationsunternehmen arbeite, überhaupt nicht mehr behindert fühle.
Was steckt hinter dieser UN-Konvention?
Inklusion ist das Ziel. Dafür setzen wir uns mit aller Kraft ein. Denn jeder soll die gleichen Chancen haben, am Leben in unserer Gesellschaft teilzunehmen – ob es nun um Angebote für Kinder, bei Kindertageseinrichtungen und Schulen, beim Wohnen, um den Gang zum Arzt oder um die Freizeit geht.
Mit den Integrationsunternehmen gehen wir einen wichtigen Schritt Richtung Inklusion auch im Arbeitsleben.
Wie viel Geld kostet dieses Engagement?
Neben den heute rund 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Handicaps in den inzwischen 113 Integrationsfirmen und -abteilungen in Westfalen-Lippe profitieren auch die öffentlichen Kassen. Denn die Arbeitsplätze sind rund um die Hälfte günstiger als die Plätze in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Statt durchschnittlich mit 14 000 Euro, die ein Arbeitsplatz den Steuerzahler dort jährlich kostet, gibt die öffentliche Hand für einen Arbeitsplatz in einem Integrationsunternehmen nur 6000 bis 7000 Euro aus.
Woran machte er das fest?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderung gewinnen durch ihren Arbeitsplatz Selbstvertrauen, fühlen sich anerkannt und sind stolz darauf, ihren Lebensunterhalt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt selbst verdienen zu können. Sie wollen, dass ihr Arbeitsleben an Normalität gewinnt. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe engagiert sich hier seit Jahren. Wir helfen, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in die Realität umzusetzen.
Das klingt sehr positiv. Wie entwickelt sich die Zahl der Unternehmen?
In den vergangenen Jahren haben wir uns zusammen mit den Arbeitgebern mit Erfolg daran gemacht, die Zahl dieser Betriebe stark auszubauen. Seit 2008 hat der LWL mit dem Land Nordrhein-Westfalen und den Agenturen für Arbeit die Zahl der Unternehmen, die sich so für Menschen für Behinderungen einsetzen, fast verdoppelt. Wir haben dadurch allein in den vergangenen drei Jahren 613 neue Arbeitsplätze für Menschen mit Handicaps geschaffen. Darauf sind wir stolz.
Wohin geht die Reise nun?
Wir wollen mehr: Deswegen veranstaltet der LWL am 22. März 2012 die LWL-Messe der Integrationsunternehmen in Münster. Dort präsentieren sich über 80 Integrationsunternehmen, zeigen ihre Produkte und beantworten Fragen. Interessierte Unternehmer oder auch Neugründer können sich darüber informieren, wie ein Integrationsunternehmen gegründet wird. Menschen mit Behinderung und ihre Familien und Freunde können die Firmen auf der Messe besuchen und sich selbst einen Eindruck verschaffen, wie dort Inklusion gelebt wird. Fachvorträge für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger runden das Programm ab.