Service ohne Einschränkungen
Flussbett Hotel, Gütersloh
Im Flussbett Hotel in Gütersloh arbeiten 40 Menschen – knapp die Hälfte davon hat eine Behinderung. Gemeinsam erschafft das Team eine Wohlfühlatmosphäre für die Gäste, die sich auch belegen lässt: Die Auslastung des Hotels liegt über dem regionalen Schnitt.
Igor Hamm bereitet den Konferenzraum für den kommenden Tag vor: Er platziert einen Block mit Karomuster sorgfältig auf dem Tisch, legt einen grünen Kugelschreiber diagonal von rechts oben nach links unten darauf. Dazu gibt es ein Tütchen mit Gummibärchen auf jedem Sitzplatz. Igor Hamm arbeitet konzentriert, hat keinen Blick für die Idylle vor dem großen Fenster übrig. Dort stehen auf einer saftig grünen Wiese hoch gewachsene Bäume, zwischen denen ein schmaler Bach fließt: Die Dalke.
Hervorragende Belegungsquote
„Das passt, Igor. Sie können dann im Restaurant die Tische eindecken“, sagt Timo Witt, der den jungen Mann bei der Arbeit beobachtet hat. Der Geschäftsführer des Flussbett Hotels in Gütersloh sieht zufrieden aus. Sein Mitarbeiter, der seit zwei Jahren in dem Haus arbeitet, hat wieder eine Aufgabe gut erledigt. Die Gäste können kommen.
Der Arbeitsalltag von Timo Witt unterscheidet sich deutlich von dem anderer Hotelchefs: Von seinen regulären Mitarbeitern haben 7 eine Behinderung – wie Igor Hamm. Gemeinsam schafft es das Team, ein erfolgreiches Hotel zu betreiben, mit einer Belegungsquote von 67 Prozent und vielen Stammgästen, vor allem Geschäftsreisenden. „Im Gütersloher Hotelmarkt liegen wir damit weit vorn bei der Auslastung“, sagt Timo Witt.
Der Personaleinsatz dafür ist allerdings hoch und liegt weit über dem branchenüblichen Durchschnitt. Das funktioniert, weil das Flussbett Hotel an der Dalke keine Überschüsse erwirtschaften muss. „Unser Gewinn sind die Arbeitsplätze für Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderungen“, erklärt Witt. Möglich macht das der besondere Aufbau des Unternehmens. Es gehört zur wertkreis Gütersloh gGmbH, die aus den Werkstätten für behinderte Menschen hervorgegangen ist.
Unterstützt wird das Hotel vom LWL, der den Minderleistungsausgleich und den besonderen Betreuungsaufwand finanziert. Hinzu kam ein Investitionszuschuss beim Umbau des Hotels. Gemeinsam mit anderen Partnern zahlt der LWL über das Projekt »Übergang Plus« zudem für diejenigen, die aus einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln wollen. „Diese Zahlungen stehen jedem Arbeitgeber zur Verfügung“, sagt Timo Witt, „ohne sie wäre es schwierig, sich am Markt zu behaupten.“
Die Leitung des Flussbett Hotels findet Witt immer wieder spannend. In seinem Job könne er zwei Dinge verbinden, die ihn interessierten: Die Hotellerie und die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. Nach seiner Ausbildung zum Hotelfachmann studierte Witt Betriebswirtschaftslehre. Um sein Studium zu finanzieren, jobbte er sechs Jahre lang im Lindenhof, einem Ausbildungshotel des Berufsbildungswerks Bethel. „Ich habe dort gemerkt, was man erreichen kann, wenn Menschen mit Behinderungen die richtige Unterstützung gegeben wird.“
Eine erfüllende Arbeit
Direkt nach dem Studium bekommt er das Angebot, das Elisabeth-Hotel in Detmold zu leiten – das Haus haben Eltern von jungen Menschen mit Behinderungen gegründet, um Arbeitsplätze für ihre Kinder zu schaffen. „Ich habe mir das zuerst nicht ganz zugetraut, aber schon in der Probezeit gemerkt, dass das eine sehr erfüllende Arbeit ist.“
Auch im Flussbett Hotel, wo er vor drei Jahren startete, gefällt Witt das soziale Miteinander. Ebenso wichtig ist ihm aber auch die gute Arbeitsleistung, die seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbringen. „Wir müssen als Integrationshotel immer besser sein als andere Häuser, weil schlechte Leistungen sonst auch auf unser Konzept zurückfallen. Die Gäste kommen ja nicht, weil wir Menschen mit Behinderungen beschäftigen, sondern weil wir eine gute Atmosphäre erschaffen.“
Auch deswegen wird die Zusammensetzung der Belegschaft nicht offensiv nach außen getragen. Viel wichtiger ist es, die Kolleginnen und Kollegen mit Behinderungen an der richtigen Stelle einzusetzen. „Im Housekeeping zum Beispiel arbeiten oft Männer und Frauen mit psychischen Erkrankungen, die klare Aufgaben zu bestimmten Zeiten in der immer gleichen Struktur erledigen können. Situativem Stress dagegen wären sie nicht gewachsen“, sagt Timo Witt. „Ich muss immer schauen, welche Aufgaben ich an wen verteile. Der Mensch steht bei uns eben immer im Mittelpunkt – als Gast ebenso wie als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter.“